We arrive Berlin-Spandau

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9 Responses to We arrive Berlin-Spandau

  1. suz sagt:

    Wie geil, du hast das aufgenommen! Haha!

    Dieser Ansagetext ist aber so weit verbreitet, dass er schon fast ikonisch für DB-Englisch ist. Mir würde vermutlich ein „korrekter“ Satz hier eher auffallen, als die Standard-DB-Floskel. Aber ich fahre auch recht selten Fernverkehr, deshalb bin ich da auch nicht auf dem neusten Stand. (Ich könnte eher was zum „Luftfahrt-TH“ beisteuern :) )

    Die inhaltliche und lautliche Nähe ist vermutlich eine sehr naheliegende Erklärung. Aber das würde man doch eher als Erklärung für relativ spontanen Sprachgebrauch heranziehen – für so feststehende Ansagen ist es doch verwunderlich, dass den Bahnmitarbeitern in ihren Seminaren das nicht „beibegracht“ wird.

    Ich habe mich in meinem englischsprachigen Freundeskreis häufig über die Bandansagen im Hamburger Nahverkehr unterhalten. Dort heißt es beispielsweise „Next Station: Central Station, please change here for main line trains“ oder „Next Station: Landungsbrücken, please exit here for Youth Hostel and Harbour Boat Trips.“ Das würde man in England oder den USA nicht sagen. Aber entscheidend ist hier wohl nicht, dass sich die Hamburger Hochbahn keinen native speaker leisten konnte, sondern, dass die Ansagen auf Englisch für ein internationales, nicht für ein angelsächsiches Besucherpublikum gemacht wurde. Und die könnten vermutlich mit der gebräuchlichen Ansage: „Please alight here for…“ wenig anfangen.

    Zum linguistischen Aspekt der DB-Ansage: vermutlich haben wir es hier auch mit einem Aspekt- und/oder Tempusproblem zu tun. Man kann in diesem Kontext nämlich nur „We are arriving at/in“ oder „We will be arriving at“ sagen (zur Not wohl noch „We have arrived in Berlin“, weil der Zug noch etwas Zeit zum Bahnhof braucht, aber sich schon auf Berliner Boden befindet) – was auch gegen eine konsequente Schulung sprechen würde. „to arrive“ bezeichnet zwar normalerweise einen punktuellen Zustand „We will arrive in New York on Tuesday“, in unserem Zusammenhang, in dem ich mich aber noch im Zug befinde und der Vorgang des Ankommens beschrieben wird, bin ich mir nicht sicher, ob man ohne den Progressiv auskommt.

    Aber ist schon sehr merkwürdig, das DB-Englisch. Hier würde man den Mitarbeitern ja nichts unmögliches abverlangen :)

  2. Achim sagt:

    Ich habe den Eindruck, dass die englischen (wie auch die deutschen) Ansagen tatsächlich standardisiert sind, d.h. den Bahnmitarbeitern werden die Textbausteine vorgegeben. Was wiederum die Frage aufwirft, warum dann keine Profis rangelassen wurden, um die englischen Textbausteine zu entwerfen. Die Formulierungen sind nämlich hochgradig unidiomatisch.

    Mit meiner Zweitsprach-Intuition würde ich bevorzugen: „Ladies and gentleman, in a few minutes, the next stop of this train will be Berlin Spandau.“ So wie es auch bei der SNCF heißt („Prochain arrêt: Brest“) oder bei der Regionalbahn Schleswig-Holstein („Nächster Bahnhof: Wrist“). Die DSB hat sich bei den grenzüberschreitenden ICE offenbar angepasst, statt „næste station: Randers“ heißt es dort „mine damer og herrer, om nogle minuter ankommer vi til Randers“.

    Was mir daran noch auffällt:
    1. Ich käme eher nicht auf die Idee, Eigennamen zu übersetzen – Hauptbahnhof bleibt Hauptbahnhof.
    2. Wer des Deutschen nicht mächtig ist, steigt offenbar nicht um. Bzw. muss das alles selbst herausfinden.

    • suz sagt:

      Würden „Eigennamen“ wie Hauptbahnhof nicht übersetzt, hätten manche aber schon ein Problem. „Gare du Nord“ oder „Gare de l’Est“ sind auch Eigennamen – und wenn ich als Parisunerfahrener aber leidlich gut französischsprechender Besucher nicht weiß, dass es keinen „Gare de l’Ouest“ (West) gibt, dann kann das schon mal zu Verwirrung führen.

      Okay, in Städten, die nur an ihren Hauptbahnhöfen von ICEs angefahren werden, ist das vielleicht überflüssig. Aber ich hab schon Ausländer in Hamburg-Altona rumirren sehen, weil die Ansagen vor und für Hamburg nicht auf Englisch gemacht wurden (und sie ihre Anschlüsse am Hbf verpasst hatten), und sie dachten, der letzte Stop müsste ja der Hauptbahnhof sein. Generell sind englische Ansagen also schon hilfreich. Ob die Umsetzung das ist, sei mal dahin gestellt.

      • lukas sagt:

        Also, „In wenigen Minuten erreichen wir Paris-Ostbahnhof“ habe ich im ICE Frankfurt-Paris noch nie gehört. Klingt vielleicht zu sehr nach 1940?

    • Kristin sagt:

      Die Bahn hat noch mindestens zwei andere Standardformulierungen für die Ankunftsansage, und zwar:

      Ladies and Gentlemen, in a few minutes we shall reach X.
      und
      Next stop: X.

      Ich muss sagen, dass mir die minimalistische Version am besten gefällt.


      Ich habe heute eine Servicekraft am Bahnsteig angesprochen und sie meinte, die Ansagen seinen tatsächlich standardisiert und das Servicepersonal würde geschult, allerdings natürlich nicht so supergründlich. Über at oder nicht-at hat sie aber nichts gesagt.

      Nächstes Ziel: So einen Zettel mit Formulierungen in die Finger kriegen.

  3. kreetrapper sagt:

    Wirklich interessant. Ich fahre so selten Bahn, daß mir das bisher nicht aufgefallen ist, bzw. ich dachte immer ich überhöre das at/in nur. Den Punkt von suz finde ich allerdings sehr richtig. Die Bahn macht ihre englischen Ansagen eher für Leute mit Zweitsprache Englisch als für Muttersprachler. Und da macht es schon Sinn, die Konstruktion so simpel wie möglich zu halten.

    Ich könnte mir auch vorstellen, daß die strukturelle Ähnlichkeit zwischen „Wir erreichen Berlin“ und „We arrive Berlin“ für viele Zugführer einfach zu verführerisch ist und dies zu einem massiven Verschlucken der Präposition führt.

    Hoffentlich antwortet die Deutsche Bahn noch. Das ist vermutlich der einzige Weg die Wahrheit herauszufinden.

    @Achim: Eigennamen werden doch auch nicht übersetzt. Hauptbahnhof ist aber nun wirklich kein Eigenname und sollte schon übersetzt werden.

  4. nnier sagt:

    Es wird natürlich ständig massiv verschluckt in diesen Durchsagen – dennoch bin ich sicher, dass die Formulierung ohne „at“ oder „in“ ein DB-Standard ist, denn ich habe es tatsächlich noch nie anders gehört und mich schon oft darüber gewundert.

  5. Achim sagt:

    @ kreetrapper:

    @Achim: Eigennamen werden doch auch nicht übersetzt. Hauptbahnhof ist aber nun wirklich kein Eigenname und sollte schon übersetzt werden.

    Ich fände es als der deutschen Sprache nicht mächtiger Reisender hilfreich, wenn Bahnhöfe in Ansagen so benannt werden, wie sie auf den Schildern und in anderen Medien (Aushänge, Fahrplanhefte etc.) auch bezeichnet werden. Damit ich sie auch wiederfinde. Genau aus diesem Grund bleiben wir auf Deutsch ja auch bei „Gare de l’Est“.

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