[Videotipp] Affen, Kleinkinder und Kommunikation

22. Februar 2010

Sooo, ich bin schon mit einem Bein aus der Tür, denn morgen geht’s in aller Frühe zur DGfS-Jahrestagung nach Berlin. Juhu!!!
Damit euch in der Zwischenzeit nicht langweilig wird, gibt’s einen kleinen Videotipp (mit Dank an Memo).

Michael Tomasello, dem es sich immer zuzuhören lohnt, sprach 2006 in Paris in einer vierteiligen Vorlesungsreihe über Kommunikation und warum sie bei Menschen so anders ist als bei Menschenaffen. Technisch versierte Leute haben es aufgezeichnet und online gestellt. Naja, vielleicht nicht ganz so versiert, denn das erste Video hat leider eine ganz schlechte Klangqualität, das vierte ist auch nicht ganz so doll.

Es gibt viele lustige Videos von Affen und Kleinkindern und viele lehrreiche Erkenntnisse über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den beiden.

Hier geht’s zur Übersicht der Videos, hier finden sich auch noch kurze Inhaltsangaben.

Wer sich für das Thema zwar interessiert, aber dazu keine englischen Videos angucken mag, kann ja mal einen Blick in dieses (für Laien anspruchsvolle!) Buch werfen:

Michael Tomasello (1999): Die kulturelle Entwicklung des menschlichen Denkens. Aus dem Englischen übersetzt von Jürgen Schröder. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.


Werbung

„… to encourage them to engage in specific activities, such as, in the case of horses, running.“

25. Juni 2008

Jippie, heute gibt es zwei auf einen Streich – zunächst einmal ein bißchen Werbung für WALS, den World Atlas of Language Structures, der ja seit einiger Zeit auch online abrufbar ist:

2008-06-25-wals

Da kann man gucken, wie bestimmte sprachliche Merkmale so auf der Welt verteilt sind.
Und auch … nicht-sprachliche Merkmale. Die Entdeckung des Tages: David Gils fast schon satirisch anmutender Artikel über „Para-Linguistic Usage of Clicks“. Ihr erinnert Euch hoffentlich an die Klicks, Xhosa und Miriam Makeba. Ich habe ja geschrieben, dass es Klicks nur in Afrika gibt – und für die Sprachwissenschaft stimmt das auch, denn nur in wenigen Sprachen in Afrika sind Klicks Phoneme, d.h. bedeutungsunterscheidende Laute. Es gibt also Wörter, in denen allein der Klick dafür sorgt, dass sie etwas anderes bedeuten, als andere Wörter, die bis auf den Klick vollkommen gleich klingen.
Den Klick als Geräusch kennen die SprecherInnen vieler Sprachen, schon kleine Kinder schnalzen vor sich hin. Dass dieses Geräusch aber an für sich (nicht als Phonem) kulturell bedingte Bedeutungen haben kann, darüber habe ich bis jetzt noch nicht so intensiv nachgedacht. Aber David Gil. Klicks können als nichtsprachliche Bedeutung haben:

1. Ausdruck von Affektion (also emotional) – das ist bei uns z.B. so, und bei allen Sprachen, die auf der verlinkten Karte rosa Punkte haben.

  • negativ:

„The English tut tut is a dental click, often repeated two or more times, and is most commonly used to express feelings such as irritation, impatience or disappointment.“

  • positiv:

For some but not all speakers of English, the repeated dental click may also be used to express a very different range of emotions including amazement and appreciation; one context in which this occurs is that of men engaged in „girl-watching“. This usage may be characterized as expressing positive affect.

2. Logische Bedeutung – i.d.R. zur Negation (Nein-Sagen), seltener auch zur Affirmation (Ja-Sagen)

… the use of a dental click to express negation is characteristic not just of Hebrew, but of many Arabic dialects and other languages. However, in the San’ani dialect of Arabic, the dental click is used not for ’no‘, but rather for ‚yes‘; it thus expresses affirmation ( Samia Naim, Martine Vanhove p.c.).

Für das Englische führt Gil darüber hinaus noch weitere Funktionen an, und weil es sooo schön ist, muss ich es einfach zitieren:

there is an additional usage of a single dental click, typically immediately preceded by an opening of the lips, which occurs in generally subliminal fashion, without impinging on the consciousness of speakers and hearers: this is to mark the beginning point of a conversational unit, often in conjunction with the act of turn-taking. This usage can be readily observed world-wide on television news broadcasts such as CNN, in which the newscasters and reporters typically begin a stretch of speech with one of these clicks. In addition to dental clicks, some speakers of English make use of other clicks, either lateral or palatal, when addressing babies or domesticated animals, in order to attract their attention or to encourage them to engage in specific activities, such as, in the case of horses, running.

Für die Nicht-SprachwissenschaftlerInnen unter Euch: turn-taking nennt man den Sprecherwechsel in einem Gespräch. Solche Stellen werden gerne markiert, z.B. durch Pausen wenn die andere übernehmen soll, oder eben, wenn man selbst übernimmt, z.B. durch Klicks. Ich mache das auch manchmal, habe ich mit Verblüffung festgestellt.

Soooo, das für heute.


Pirahã vs. Chomsky

9. Oktober 2007

Im New Yorker gab es im April eine lange Reportage von John Colapinto: The Interpreter.
Darin geht es um Dan Everett – einen Missionar der zum Linguisten wurde, die Pirahã – ein Amazonasvolk, das nichts von der Außenwelt hält – und ihre Sprache – mit der sich Chomsky nicht vereinbaren lässt.
Eine angenehm lesbare Zusammenfassung!

Und noch ein Zitat von Michael Tomasello:

Universal grammar was a good try, and it really was not so implausible at the time it was proposed, but since then we have learned a lot about many different languages, and they simply do not fit one universal cookie cutter.