Die ideale Gewährsperson: “Steinalt und völlig ungebildet”

20. Januar 2010

So, meine Magisterarbeit ist seit Montag abgegeben und die ersten Fehler hab ich auch schon drin gefunden. Ich stehe dem Schplock also wieder zur Verfügung!

Ich liebe alte sprachwissenschaftliche Texte. So ungefähr 1850 bis 1910 war eine goldene Ära. Hier meine beiden Highlight-Sprachbeispiele aus Renward Brandstetters “Der Genitiv der Luzerner Mundart in Gegenwart und Vergangenheit”:

“Veronika wird an ihrem Husten sterben = Uf ’s Vroonis Wueste(n) mues me Häärd tue.”

Das heißt wörtlich: ‘Auf des Vronis Husten muss man Erde (gemeint ist Friedhofserde) tun.’

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Lämmer, Kälber, Hühner: Der Plural auf -er

16. Dezember 2009

Ich verspreche, dass es hier auch mal wieder Themen geben wird, bei denen es nicht um Substantivflexion geht. Wirklich! Aber heute will ich Euch erzählen, woher unsere Pluralendung –er kommt – die hatte nämlich mal eine ganz andere Funktion.

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Ein kurzer Gruß vom Schlachtfeld

7. Dezember 2009

Der Abgabetermin für die Magisterarbeit rückt bedrohlich nahe, daher nur ein kurzes Lebenszeichen. Wer kann die Bücher identifizieren? Es winkt eine Belobigung.

Für die Auflösung hier klicken …

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Ein paar badische Pluräääle …

1. Oktober 2009

Ich stecke bis zum Hals in Transkriptionen meiner Dialektaufnahmen – der feste Vorsatz, am 30. September damit fertig zu sein, ist den Bach hinunter, aber am 1. Oktober muss es doch endlich klappen! Daher also auch heute wieder kein richtiger Beitrag, sondern nur ein paar schöne badische Pluralformen (immer zuerst die Einzahl):


‘Hahn – Hähne’ Guller
Giller
‘Haufen – Haufen’ Huffe
Hiffe
‘Bub – Buben’ Bue
Buewe

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Auf Feldforschung im Ur… ähm, Schwarzwald

11. September 2009

Das Schplock leidet gerade unter meinem verstärkten Einsatz für die Magisterarbeit – ich bin für ein paar Tage im Schwarzwald und mache Dialektaufnahmen. Da ich nicht wirklich Zeit habe, an andere Dinge zu denken, erzähle ich einfach mal ein bißchen darüber.

LaptopUndAufnahmegerät

Das Ziel

Ich untersuche ja die Pluralbildung im Alemannischen (bzw. in einem alemannischen Dialekt). Dazu will ich für alle hochdeutschen Möglichkeiten mindestens zwei Beispiele haben – also zwei Feminina auf Umlaut+e (z.B. Städteund Nächte), zwei Feminina auf –s (z.B. Kameras und Unis), zwei Neutra auf –er (z.B. Häuser und Kinder) und so weiter …

Außerdem will ich auch noch mindestens zwei Beispiele für alle althochdeutschen Möglichkeiten haben, und dann noch eine Menge Wörter, bei denen ich den leisen Verdacht habe, dass sie im Alemannischen ganz anders gehen als im Hochdeutschen oder Althochdeutschen.

Insgesamt hat das zu einer Auswahl von ca. 250 Wörtern geführt, die ich aus meinen InformantInnen herauslocken will. Diese Wörter brauche ich a) in der Einzahl, b) in der Mehrzahl und c) mit ihrem Genus (männlich, weiblich oder sächlich).

Die Einzahl brauche ich, um bestimmen zu können, was genau die Mehrzahlendung ist. So habe ich z.B. das Wort t’Zegger ‘die Zecken’ bekommen. Ohne die Einzahl könnte ich denken, dass das Wort aus Zegg+er besteht, also in eine Klasse mit Geischd+er, Kind+er, … gehört. Wenn ich aber weiß, dass es in der Einzahl auch Zegger heißt, kann ich es korrekt in eine Klasse mit Schäfer, Fischer, … einordnen, die auch in der Einzahl schon auf –er enden, also einen sogenannten Nullplural haben (d.h. das Wort verändert sich in der Mehrzahl nicht).

Die Methode

Ich arbeite hauptsächlich mit Bildern. Am Anfang habe ich sie noch ausgedruckt, aber das war sehr papierintensiv und die Fotos waren sehr klein. Jetzt sammle ich sie alle in einer Bildschirmpräsentation und zeige sie meinen InformantInnen am Laptop:

2009-09-11-Präsentation

Der Reihe nach die Bilder für: Wiesen, Bäche, Brücken, Gebirge, Landschaft, Gänse, Schafe, Ziegen, Kälber, Hasen, Uhus, Schlangen, Bären, Lämmer, Zecken, Zecke, Wespen, Bienen, Hornissen, Hähne, Raben, Spatzen, Rinder, Felle, Tiroler

Ich versuche für jedes Wort zwei Bilder zu finden: eines mit mehreren der gesuchten Dinge und eines mit nur einem. Die beiden folgen i.d.R. nicht direkt aufeinander, sondern sind weit voneinander entfernt, meistens sogar in einer anderen Sitzung.

Damit ich auch wirklich eine Pluralform als Antwort bekomme, stelle ich bei den Bildern mit mehreren Objekten die Frage Was sin des? ‘Was sind das?’. Es klappt nicht immer, aber doch ganz schön oft.

Wörter, die sich nicht abbilden lassen, versuche ich mit Fragen zu erheben, z.B.:

  • Masern und Windpocken sind …? (Krankheiten)
  • Was waren Deutschland und Frankreich im Krieg? (Feinde)
  • Wenn man zur Beichte geht, was wird einem dann vergeben? (Sünden)

An manchen Wörtern scheitere ich aber auch. Z.B. Breiten oder Tiefen habe ich bisher noch aus niemandem herauslocken können – zu abstrakt, zu selten in der Mehrzahl gebraucht.

Die Technik

2009-09-11-ZoomIch nehme die kompletten Gespräche mit einem Aufnahmegerät auf. Das habe ich mir vom Mainzer Germanistikinstitut ausgeliehen und es ist wirklich enorm praktisch. Alle Aufnahmen werden als mp3s gespeichert und ich kann sie anschließend von einer SD-Karte auf meinen Rechner kopieren.

Die Analyse

Wenn ich die Aufnahmen habe, höre ich sie mir noch einmal ganz genau an. Dabei erfasse ich jedes Substantiv auf einer elektronischen Karteikarte – u.a. mit dialektaler Pluralendung, Genus, genauer Position auf den Aufnahmen und neu- und althochdeutschen Klassen. Das dauert ewig. Drei Stunden Aufnahmen können gut und gerne in zwei Wochen Analysearbeit münden. Und wenn ich das alles beisammen habe, muss ich natürlich noch einmal analysieren: Dann muss ich schauen, welche Wörter sich im Dialekt anders verhalten als im Hochdeutschen, ob sie etwas gemeinsam haben, wie der Unterschied entstanden sein könnte, … und zuguterletzt muss ich das auch noch alles aufschreiben. Was ein Stress! Und was ein Spaß!