Blogspektrogramm (1)

16. Mai 2011

Mir war die Verwendung des Begriffs Karneval für eine blogbezogene Veranstaltung ohne Verkleidungspflicht bis vor einigen Tagen völlig unvertraut. Aber so etwas gibt es tatsächlich, als Übersetzung des englischen blog carnival.

Ein paar Überlegungen zur Entstehung der Begriffsbedeutung kommen gleich, aber erst das Wichtigste: Es ist eine kommentierte Linksammlung zu einem gemeinsamen Thema, mit dem Ziel, Blogs und ihre Leser besser miteinander zu vernetzen. Und Anatol Stefanowitsch vom Sprachlog hat so etwas unter dem Namen Blogspektrogramm ins Leben gerufen. Diesen und nächsten Monat im Sprachlog, danach wandert es zwischen den beteiligten Linguistikblogs hin und her. Bisher dabei sind */ˈdɪːkæf/, das lexikografieblog, Dr. Bopp, das Texttheater, das Sprachlog selbst und das Schplock. Schaut mal rein, ich finde alle verlinkten Texte sehr lesenwert.

Okay, coole Sache, aber Karneval??

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Keine macht den Drogen

31. März 2011

Vor ein paar Monaten habe ich meinen Kleiderschrank durchgesehen und eine Menge Zeug zum Roten Kreuz gebracht. Dieses Kleidungsstück lag lange auf dem Weggabestapel, aber schließlich habe ich es aus nostalgischen Gründen doch behalten.

KEINE MACHT DEN DROGEN

Ja, genau, da gabs mal so ne Kampagne. Ich war in der ersten Klasse, wir bekamen alle diese T-Shirts, mussten damit für Pressefotos auf dem Schulhof herumlaufen und sahen aus wie kleine Gespenster. Die nächsten zehn Jahre benutzte ich das Ding als Nachthemd, heute passt es halbwegs (siehe links). Und die ganze Zeit über war ich jedes Mal, wenn ich den Slogan sah, leicht irritiert.

Hätte man für das Logo (das heute sehr telekomartig anmutet, aber damals war die Post ja noch gelb) keine Blockbuchstaben genutzt, hätte ich die mir damals unbekannte Konstruktion “Keine Macht dem/den/der …” gelernt und gut wär’s gewesen. So aber war meine persönliche Analyse Keine macht den Drogen, was ich für höchst kurios hielt, müsste es doch Keine macht die Drogen heißen. Nicht, dass das dann irgendeinen Sinn gehabt hätte, denn wer sollte diese Keine eigentlich sein und warum war es so bemerkenswert, dass sie nicht an der Drogenproduktion beteiligt war?

Ich glaube so gegen Ende meiner Schulzeit wurde mir irgendwann klar, wie der Spruch gemeint war.

Die Keine Macht+Dativ-Konstruktion scheint mir durch diese Kampagne ziemlich beliebt geworden zu sein, so findet sich in der Buchsuche bei Google recht gut als direkte Anspielung erkennbar:

Keine Macht den Drögen, Keine Macht den Proben, Keine Macht den Doofen

Und weitere Beispiele, die sich nicht sicher auf die Kampagne zurückführen lassen (erste 300 Suchergebnisse ausgewertet): Den Rest des Beitrags lesen »


Ichi, ni, san …

22. März 2011

Eben habe ich in einem Zeit-Artikel gelesen:

Die zwei Atomanlagen in Fukushima-1 (Daiini) und -2 (Daiichi) wurden nach Angaben des Betreibers Tepco am Tag des Erdbebens vor gut einer Woche von einer 14 Meter hohen Flutwelle getroffen.

Bei den Benennungen in Klammern, Daiini und Daiichi, liegt ein bißchen was im Argen. Zunächst mal hat das erste ein i zu viel abbekommen (richtig: Daini). Und dann sind die beiden Wörter vertauscht. Das kann man mit geringfügigen Japanischkenntnissen erschließen: Es reicht, bis zwei zählen zu können. In Daini steckt ni ‘zwei’, in Daiichi steckt ichi ‘eins’.

Und das dai? Den Rest des Beitrags lesen »


Mehr Spaß mit Ngrams

28. Januar 2011

Heute gibt es ein buntes Sammelsurium von Abfragen mit dem Ngram Viewer. Ich finde sie alle aus dem einen oder anderen Grund ganz erhellend. Vielleicht ja sonst noch wer?

Ab wann ist das Korpus brauchbar?

Meine “schönste” Abfrage ist sicher die folgende, die ich kürzlich (in einer minimal abweichenden Version) auch in den Sprachlog-Kommentaren gepostet habe:

Wie man sieht, wenn man draufklickt, habe ich Allerweltswörter abgefragt: der, die, und, in, … Das sind Wörter, die so häufig sind, dass man in einem ausgewogenen Korpus eigentlich keine großen Schwankungen erwarten würde. Man braucht sie einfach immer, für jeden Text. Klar, das geht nicht unbegrenzt weit zurück, irgendwann sind die Artikel ja auch entstanden, und Personalpronomen waren z.B. im Althochdeutschen noch lange nicht so gebräuchlich wie heute. Aber für die späte frühneuhochdeutsche und neuhochdeutsche Zeit, die der Ngram Viewer abdeckt, sollte es doch einigermaßen passen. Den Rest des Beitrags lesen »


[Lesetipp] Kleine Auslese

17. August 2010

In letzter Zeit habe ich einiges gelesen, was ich euch nicht unverlinkt lassen will …

Lost in Translation von Lera Boroditsky (die auf dem Foto irgendwie an Bones erinnert) …

… handelt davon, ob Sprache die Art und Weise beeinflusst, wie wir denken. Die Autorin ist Psychologin und hat eine ganze Menge spannende Experimente zu solchen Fragestellungen gemacht, deren Ergebnisse in diesen Text einfließen. Wirklich sehr empfehlenswert. Auch wer sich nicht so für die Theorie dahinter interessiert, wird eine Menge faszinierende Details über Sprachen entdecken.

Do the languages we speak shape the way we think? Do they merely express thoughts, or do the structures in languages (without our knowledge or consent) shape the very thoughts we wish to express?

(Gefunden bei Language Log.)

Von Duden-DNA und einer Außerirdischensprache von Stephan Matthiesen …

… ist eine ganz ungewöhnliche Art von Artikel: ein Bericht über einen wissenschaftlichen Workshop („Language as an Evolutionary System„). Matthiesen gibt einen Überblick über die verschiedenen Standpunkte und Forschungsansätze und liefert am Ende sogar Links und Literaturhinweise: Respekt.

Ob und wie sich das Konzept Evolution auf Sprache übertragen lässt, ist noch völlig offen. Ein Workshop brachte kürzlich verschiedene Ansätze zusammen: Was formt unsere Sprachen?

(Via André auf Facebook und Andre per Mail.)

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