Schuttertal revisited

(Ergänzungen zu: Am Pascal seine Mutter | Werbehefter für Motogrossrennen)

Nachdem ich gestern – nicht primär für das Schplock – eine Stunde vor dem Regal mit Dialektbeschreibungen in der Institutsbibliothek gestanden habe, gibt es noch ein paar Kleinigkeiten zum Alemannischen nachzutragen, lustigerweise aus einem Buch, das Lehrerinnen helfen soll, Dialekteinflüsse aus dem Alemannischen zu erkennen und die Schüler dafür zu sensibilisieren. Darin werden Schülerfehler analysiert und erklärt, also sehr ähnlich wie das, was ich hier gemacht habe. Dann mal los:

Am Pascal seine Mutter …

… scheint ein beliebter Fehler zu sein. Zur Erinnerung: dem wird dialektal so ausgesprochen, dass es nur noch wie äm oder am klingt, weshalb das Kind hier am Pascal statt dem Pascal geschrieben hat. (Dass die Namen Artikel haben, ist ja auch über das Alemannische hinaus verbreitet.)

Das Buch hat ein Beispiel, in dem es eigentlich um die falsche Flexion von Herrn geht, wo es auch zu einer solchen Reinterpretation kam:

(1) wir wollten im Herr Lehrer die Hose zunähen ‚wir wollten dem Herrn Lehrer die Hose zunähen‘

Der reduzierte Vokal vor dem [m] wurde hier als [i] analysiert, in meinem Pascal-Beispiel als [a], aber der Effekt ist sehr ähnlich.

Werbehefter für Motogrossrennen

Das Büchlein gibt noch eine ganz ordentliche Ausbeute an Substantiven her, die im Alemannischen den Plural mit –er bilden, im Hochdeutschen aber nicht. Im Originalbeitrag habe ich ja schon Heft Hefter und StückStücker genannt, die kommen in der Liste auch vor, und zusätzlich gibt es:

  • Stein – Steiner
  • Seil – Seiler
  • Bein – Beiner
  • Ding – Dinger
  • Geschenk – Geschenker
  • Scheit – Scheiter
  • Bett – Better
  • Geschäft – Geschäfter
  • Hemd – Hemder
  • Spiel – Spieler
  • Gewicht – Gewichter
  • Mensch – Menscher
  • Geschmack – Geschmacker (kommt mir ohne Umlaut seltsam vor)
  • Unglück – Unglücker
  • Schicksal – Schicksaler (kommt mir ohne Umlaut seltsam vor)
  • Gewehr – Gewehrer
  • Geschirr – Geschirrer
  • Hag – Häger
  • Brot – Bröter
  • Ross – Rösser
  • Ort – Örter

Nicht alle davon verwendet man im Schuttertal, aber sehr viele kommen mir sehr vertraut vor.

10 Responses to Schuttertal revisited

  1. nnier sagt:

    Oh, ist das interessant hier! Und ausgerechnet das Schuttertal, dem ich neulich mal wieder einen Besuch abstatten durfte: Kommen Sie da etwa her? Da, wo’s immer „sell“ heißt und „gsi“!? Hach, ich werde mich hier bestimmt öfter umsehen.

    • Kristin sagt:

      Nein, ich nicht, aber meine Eltern – ich bin geringfügig städtischer aufgewachsen, und leider ohne Dialekt als Muttersprache.
      Viel Spaß beim Umgucken und danke für den Kommentar!

  2. nnier sagt:

    „Geringfügig städtischer“, ich spekuliere mal kurz: Hier?

    Ich finde Dialekte insgesamt interessant, selber komme ich leider daher, wo man ziemlich nahe am Hochdeutschen ist – und den aus dem Schuttertal finde ich äußerst faszinierend. „Gebb mr mal seller Teller“, ich wusste am Anfang kaum, worum es ging!

  3. nnier sagt:

    Ja, klar, da bin ich ein Nichtschwimmer auf dem, äh, Trockenen. Aber immerhin wissen Sie, wie’s gemeint war, und wenn ich meinerseits dort wo weit komme, bin ich schon zufrieden. Einmal sagte mir mal jemand, er wäre da und da gerne „Missli gsi“, und sowas muss man wirklich erst mal verstehen! Interessant ist für mich jedenfalls, der oder das Artikel vom Deller hin oder her, diese eine Sache mit dem Akkusativ. Und zwar: „Ebber wo dr Dume drillt“, einer, der den Daumen dreht … ist das da immer so? Mir kommt’s so vor!

  4. nnier sagt:

    (Ach, und „hm“ funktioniert bei mir leider nicht)

    • Kristin sagt:

      „Hm“ ist notdürftig repariert ;)

      Der Akkusativ unterscheidet sich im Alemannischen nicht vom Nominativ, das ist ganz richtig beobachtet. Es heißt also:

      De Monn isch derde. ‚Der Mann (Nominativ) ist dort‘

      aber auch:

      Ich hob de Monn gsääne. ‚Ich habe den Mann (Akkusativ) gesehen‘

  5. nnier sagt:

    Also, das mit dem Knoderer, das ist jetzt wirklich lustig! Ich lag also nicht ganz daneben? „Derde“, kenne ich, auch sehr schön!

    Nachgefragt: „De Monn“ – glaube ich Ihnen gerne, aber gibt’s nicht auch sowas wie „dr“? Also z.B. wie von mir oben hindilettiert: „Dr Dume“?

    • Kristin sagt:

      Das /r/ wird generell deutlicher artikuliert als in nördlicheren Gefilden, nicht so stark vokalisiert.
      Bei „der“ und „den“ kenne ich selbst nur „de“, ich weiß aber, dass z.B. Philipp Brucker immer „dr“ schreibt. Wie genau er es dann spricht, weiß ich leider nicht.